Jahresrückblick 2014 und Ausblick auf 2015

… und schon wieder ist ein Jahr vorüber, 52 Wochen(notizen), die wir in diesem Blogbeitrag zu einem Jahresrückblick zusammenfassen wollen.

Januar

Das Jahr begann mit einem Ende, dem Ende von OpenStreetBugs. OpenStreetBugs, wie bitte?, was ist das? Ganz einfach, das war der Vorgänger von OSM Notes. Es war aber unabhängig von openstreetmap.org. Anfang des Jahres war es endlich so weit, die letzten OpenStreetBugs wurden abgearbeitet oder nach OSM Notes übertragen.

Ebenfalls im Januar wurden zwei numerische Jubiläen gefeiert. 20 Millionen Changesets und 100.000 OSM-Notes.

Noch im Januar erblickte ein Tool das Licht der Welt, welches den Overpass-Turbo endgültig benutzerfreundlich gemacht hat – der Query-Wizard, der aus nahezu poetischer Prosa seine formalen Overpass-Queries erstellt.

Februar

Im Februar zahlte sich die Arbeit des „Troisdorfers“ (der Podcast berichtete) aus. Die Stadt Troisdorf begann selbst, beeindruckt von der Detailtiefe von OSM, selbst zu mappen. Auch eine andere öffentliche Einrichtung ging auf OSM zu, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr begann, den Kontakt zur OSM-Community zu suchen. Neben diesen Vorbilder gab es im Februar auch noch ein Negativbeispiel für OSM-Nutzung. Mit Namo nutze ein mit Bundesmitteln gefördertes Projekt OSM als kostenlosen Datenhoster und wird wohl in Zukunft als Argument für eine Organisational Mapping Policy herhalten.

Seit Februar sind fast alle Websites unter openstreetmap.org über HTTPS erreichbar, weiterhin hiervon ausgenommen ist das Forum, welches immer noch nicht von der OpenStreetMap Foundation gehostet wird.

März

Seit März dürfen Mapillary-Bilder zum Mappen genutzt werden, eine Quelle, die vieles erleichtert, solange die Bilder verfügbar sind. Ebenfalls im März wurde die OpenLoveMap veröffentlicht, ein Spaßprojekt, das auch als Demo dient, wie man die Overpass auf einer Leaflet-Karte nutzt. Ob diese Seite es schon in den britischen Pornofilter geschafft hat?

Mitte März treffen sich viele OSMler auf der Fossgis Konferenz (Videos) in Berlin und tragen durch ihre Mithilfe zum gelingen bei.

Spam in den User Diaries erhitzte im März zum ersten (?) Mal die Gemüter. Es scheint, als hätte es mittlerweile sich gebessert aber immer noch nicht gefixt worden.

BSD vs. GPL, diese Diskussion gibt es auch in OSM. Hier heißt sie aber „Share-Alike – ja oder nein“ und wurde von Alex Barth von Mapbox iniitiert.

April

Man konnte es für einen Aprilscherz halten, aber es war wahr. Die Overpass-API platze Anfang 2014 aus allen Nähten. Eine Aufrüstung des Servers war nötig und Roland startet daher am 1. April einen Spendenaufruf zur Anschaffung von SSDs für den Server. Wie lange die jetzige Hardware wohl ausreichen wird? Angesichts der wachsenden Verbreitung kann man davon ausgehen, dass das nicht der letzte Spendenaufruf war.

JOSM ist dir nicht Profi genug? Level0 wurde im April eingeführt und ist ein textbasierter Editor.

Der OpenRouteService – wie oft wurde schon über diesen Dienst geschimpft? Im April zeigte sich, dass der Dienst OpenStreetMap mehr schadet als nützt. Seine Daten sind uralt, er wird nicht regelmäßig aktualisiert und die Routingergebnisse sind auch nicht empfehlenswert. Da wir selbst die unverzügliche Abschaltung dieses OSM mehr schadenden als gewinnbringenden Dienstes fordern, wäre es unsinnig auch noch darauf zu verlinken.

Mai

Die 200. Wochennotiz wurde veröffentlicht.

Juni

Im Juni stand sie wieder auf, die Wochenaufgabe. Mit dem Aufruf Pegelmesser zu mappen, wurde hier im Blog der erste Aufruf gestartet, eine Woche lang etwas Bestimmtes, in diesem Fall Pegelmesser, gezielt zu mappen. Mehrere Wochenaufgaben (mittlerweile auf eine Laufzeit von 2 Wochen verlängert) sind dem gefolgt und werden von der Community vorgeschlagen und geleitet.

Wohl der Höhepunkt aus Sicht der deutschen Community war neben der FOSSGIS-Konferenz in Berlin im März, die State of the Map Europe in Karlsruhe im Juni.

Juli

Aufregung im Forum. Anfang Juli wird entdeckt, dass ein Mitarbeiter der niedersächsichen Vermessungsverwaltung OSM diskreditiert: „aber im Gegensatz zu den auf amtlichen Daten basierenden original Garminkarten werden die OpenStreetMap-Karten oft von Kindern und Jugendlichen ohne kartographische Kenntnisse ‚gebastelt‘. Daher ist in punkto Verlässlichkeit zur Vorsicht geraten.“ Es stellte sich glücklicherweise schnell heraus, dass die Website veraltet war und schnell von ihm aktualisiert wurde.

August

Der August war als Ferienmonat relativ meldungsarm… Das Wichtigste war die Zehnjahresfeier, welche in Deutschland aber kaum gefeiert wurde. Pascal Neis hat nach 100 Veröffentlichungen seine Weekly OSM wegen Zeitmangel leider eingestellt.

September

Im September war Radio OSM nicht mehr allein. OSM Radio, der russische OSM-Podcast entstand. Die Vermessungsverwaltung Sachsen zeigte im September die Absurdität amtlicher Geodaten und Frederik suchte Freiwillige, die bei einer Portierung des deutschen Mapnik-Stils von Mapnik-XML auf CartoCSS mithelfen.

Wieder ein Amt, wieder ein Aufreger. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen zeigt, dass es OSM nicht verstanden hat und versucht „streng geheime“ Höhleneingänge aus OSM zu entfernen. Dumm nur, dass die Community wachsam ist.

Oktober

Fünfeinhalb Jahre war sie schon alt und immer noch ist sie aktuell, die OSM API 0.6. Auf dem Karlsruher Hackweekend ergänzt Frederik einen Undelete-Call.

Endlich! Lange wurde darauf gewartet, Lukasz Gurdek hat es im Rahmen des Google Summer of Code implementiert. Die Changeset-Diskussion ermöglicht nun direkt am Changeset, Änderungen eines Nutzers zu diskutieren. OSMF war im Oktober und November ein Synonym für Streit. Im Vorfeld der Wahlen zum Vorstand der OSMF hatte die OSFM-Mailingliste wohl das höchste Trafficaufkommen ihrer Geschichte. Wir haben es nicht nachgezählt, aber es klingt nicht unglaubwürdig, dass selbst talk-de zu Spitzenzeiten weniger Mails pro Tag hatte.

Im Rahmen eines Comenius Schulprojektes wurde im Oktober in Kingston upon Hull von Schulen aus England, Spanien, Rumänien, der Türkei und Deutschland der Nachfolger von Weekly OSM, das mehrsprachige weeklyosm auf den Listen vorgestellt. WeeklyOSM versteht sich als die redigierte mehrsprachige Ausgabe der Wochennotiz, da ein Teammitglied in beiden Blogs aktiv ist.

November

Im November stand bei uns in der Wochennotiz eine Erneuerung an. Das über vier Jahre alte Kategorienschema wurde durch ein neues Schema ersetzt, welches thematisch feiner aufteilt ist.

Dezember

Im Dezember gab es neue Luftbilder für OSM im Ruhrgebiet und eine Überarbeitung des Public-Transport-Schemas wurde diskutiert (Diskussion läuft noch).

Hier auf dem 31. Chaos Communication Congress habe ich einige anwesende Mapper und Christian per Mail nach ihren Eindrücken vom Jahr 2014 und Aussagen ihrer Glaskugeln für das Jahr 2015 befragt.

Was fandest du aus Sicht von OpenStreetMap dieses Jahr als besonders hervorhebenswert?
Marc Gehling: Ich fand besonders hervorhebenswert, dass es in der OSMF endlich Trubel gegeben hat. Die Ergebnisse sind nicht alle wie gewünscht, aber vielleicht war es ein weitere Anstoß für zukünftige Änderungen. OSM ist 10 Jahre alt geworden und die Tagging-Mailingliste hat Talk-de bezüglich des Nachrichtenaufkommens überholt.
Thomas (thomersch): Die SotM-EU war toll, die Community dort ebenso.
Christoph (TheFive): Ich war auf der Overpass-Schulung von Roland und die war echt gut.
Christian (Hedaja): Auch in diesem Jahr haben sich alle Beteiligten bei HOT wieder selbst übertroffen. Es gab so einige humanitäre Katastrophen in diesem Jahr (Kriege/Naturkatastrophen/Seuchen), doch jedes mal haben sich zahlreiche Freiweillige gefunden, die ihr Freizeit dafür aufgewendet haben, den Hilfkräften vor Ort die Arbeit zu erleichtern, indem sie große Regionen kartografiert haben. OSM ist mittlerweile ein wichtiger Anlaufpunkt für viele Hilfsorganisationen und von der Kooperation  profitieren nicht nur die beiden Parteien, sondern auch die Menschen, die Hilfe benötigen.

Was hätte deiner Meinung nach dieses Jahr besser laufen können?
Marc: Ich hätte mir gewünscht, dass die Anträge zur Amtszeitbeschränkung von OSMF-Vorständen bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung angenommen werden.
Thomas: Die ganze Softwareentwicklung ist mir dieses Jahr nicht schnell genug vorangegangen. Die Tools, die wir eigentlich erwarten, sind nicht sind noch nicht da. Das hört sich vorwurfsvoll an, aber jeder, auch ich, sollte sich selbst an die Nase fassen.
TheFive: Ich kann mich an nichts Negatives erinnern.
Hedaja: Noch immer ist der Einstieg für Neulinge nicht leicht. Mit dem iD Editor wurde ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber es gibt dennoch noch einiges zu tun.
Wichtig dabei wäre vorallem die Findung eines gemeinsamen Konsens und das Etablieren neuer Ideen zu vereinfachen. Die zahlreichen Kommunikationskanäle (Mailinglisten/Forum/Wiki/Diary) sind meiner Meinung nach Fluch und Segen in einem. Einerseits bieten sie für jeden Geschmack das richtige Kommunikationsmittel, andererseits bilden sich dadurch zum Teil Untergruppierungen und es bildet sich nicht zwangsläufig ein breiter Konsens über die gesamte Community.
Noch schwieriger als neue Sachen zu realisieren ist es alte Dinge zu verändern. Teilweise gibt es historisch gewachsene Tags, die jedoch im aktuellen Stand von OSM zum Problem werden, weil sie zum Beispiel nicht mehr detalliert genug sind. Oft habe ich auch gesehen, dass es in unterschiedlichen Tag-Kategorien unterschiedliche Tagging-Schemata für ähnliche Dinge gibt. Auch wenn Vielfalt ein wichtiges Grundprinzip von OSM ist, sollten wir versuchen eine Grundähnlichkeit über die verschiedene Kategorien hinweg zu realisieren, um die Dinge für Anfänger und Anwender, aber auch für alle etablierten Mapper nicht zu verkomplizieren.

Was ist deiner Meinung nach dieses Jahr gut gelaufen?
Marc: Die FOSSGIS-Konferenz und die SotM-EU waren toll.
Michael Kugelmann: SotM-EU war cool. Ich darf mich eigentlich [als Mitglied des Programmkomittes, Anm. d. Red.] nicht selber loben. Zehn Jahre OSM ist örtlich schlecht gelaufen. Wir Deutschen haben nichts auf die Beine gekriegt. Aber wir Deutschen feiern nicht gern.
Thomas: Ich finde es gut, dass die Wochenaufgaben wieder angefangen haben. Das sollten wir weiterführen.
Consti (ubahnverleih): Total super war, dass wir zwei total super Konferenzen – die FOSSGIS und die SotM-EU – und einen super Vortrag auf dem 31C3 hatten.
TheFive: Ich finde es gut, dass es die Wochenaufgaben gibt, sie aus der Community kommen und sie aktiv zur Community beitragen.
Hedaja: Die Entwickler, die hinter dem riesigen Softwareuniversum rund um OSM stehen, haben sich wieder mächtig ins Zeug gelegt. Ohne die zahlreichen freien Programme würde es OSM nicht in diesem Umfang geben. Dies reicht von den essenziellen Editoren, über Auswertesoftware und Qualitätstools bis zu den immer zahlreicheren Endanwenderprogrammen (Navigation/verschiedenste Karten/..).

Was erwartest du vom neuen Jahr?
Michael: Ich hoffe, dass sich in der OSMF etwas tut.
Marc: Die Nutzung von öffentlichen Nahverkehrsbetrieben wird zunehmen und wir große Anstrengungen haben werden, diese zu integrieren. Zum Beispiel sucht der MVV Studenten zum Mappen. Wir werden nächstes Jahr eine funktionierende Routereinbindung auf osm.org haben. Die Nutzung der Overpass-API wird nächstes Jahr gigantisch wachsen. Die Wahrnehmung von OpenStreetMap bzw. HOT wird zunehmen.
Thomas: Ich erwarte, dass wir coolere Tools für Enduser haben.
Consti: Wie in meinem Vortrag auf dem 31C3 erwähnt, wird Indoor* nächstes Jahr einen großen Schritt nach vorn machen.
TheFive: Die Diskussion über die nächste API-Version wird beginnen. Sie wird nämlich langsam nötig und viele Fragen klären, was in OSM reingehört und was nicht. Ich denke da an das 3D-Mapping. Ist die aktuelle Datenstruktur sinnvoll oder nicht? Brauchen wir einen speziellen 3D-Datentyp?

Hast du eine Person mit OSM-Bezug, die du besonders hervorheben oder bei der du dich bedanken möchtest?
Marc: Roland Olbricht. Die Overpass ist die größte Innvoation der letzten drei Jahre. Andi und Peter für ihre Arbeit im Videoteam.
Michael: Frederik und Christine für das Engagement, das sie in die SotM-EU gesteckt haben. Simon dafür, dass er zwei Jahre lang den mühsamen Weg gegangen ist, die OSMF voranzubringen (gemeinsam mit Frederik).
Thomas: Ich möchte mich bei Frederik für sein Durchhaltevermögen bedanken und dass er nicht trotz des Stress in der OSMF durchgedreht ist.
Consti: Ich möchte mich bei Peter Reinhart bedanken für alles. Er hält Vorträge, mappt viel und rekrutiert neue Mapper.
TheFive: Ich möchte mich beim Wochennotizteam für die wöchentliche Bereitstellung der Wochennotiz bedanken.

Hast du einen OSM-bezogenen Vorsatz für das neue Jahr?
Michael: Ich will mehr Zeit für OSM finden als 2014.
Marc: Ein schon länger geplantes Projekt nächstes Jahr umsetzen.
Thomas: Ich möchte noch ein paar Projekte umsetzen, die mir noch im Kopf rumschwirren und mir dafür Zeit nehmen.
Consti: Ich habe vor, genauso viel zu mappen wie dieses Jahr und eine neue Version der Unterkunftskarte zu bauen.
TheFive: Ich habe keinen Vorsätze.
Hedaja: Ich würde im nächsten Jahr gern wieder mehr für HOT mappen. In diesem Jahr bin ich sehr wenig dazu gekommen. Außerdem werde ich versuchen mehr im Proposal-Prozess mitzuwirken.

Michael Reichert

Michael ist seit 2011 aktiver Mapper, hat die Mappingschwerpunkte Eisenbahninfrastruktur und ÖPNV und verdient sein Geld mit OpenStreetMap-Dienstleistungen.

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