Fünf Gründe, warum Bing und Co. die Spielregeln von OpenStreetMap ändern könnten

Während der State-of-the-Map-2010-Konferenz in Girona haben zwei große Unternehmen die Integration der OSM-Daten in ihre Karten- und Routenplanungsserver angekündigt. Das sind Anzeichen dafür, dass OpenStreetMap auch in der kommerziellen Welt hoffähig wird. Was aber bedeutet es, wenn die Großen und Mächtigen die OSM-Arena betreten?

(1) Die Neulinge können die Daten-Distribution von OSM-Daten beherrschen

Die Neulinge haben Stärken im Betrieb von reichweitenstarken Webseiten mit elektronischen Stadtplänen und Routenplanern. Möglich, dass OpenStreetMap-Daten zunehmend durch die Webseiten von etablierten Marken konsumiert werden– was wiederum dazu führen kann, dass das OpenStreetMap-Projekt die Aufmerksamkeit zunehmend von der gesamten Wertschöpfungskette auf die Datenerfassung verschiebt.

(2) Große Unternehmen werden auf einmal ganz klein

Bis jetzt waren bereits Unternehmen ab zwei „OpenStreetMap-Vollzeitkräften“ große Player. Mit dem Eintritt der global agierenden Unternehmen ändert sich dieses Verhältnis dramatisch.

Entwicklungswerkzeuge und Dienste, die bisher kostenpflichtig waren, werden auf einmal frei verfügbar sein, weil die großen Anbieter diese Dienste quersubventionieren; in Nischen gedrückt werden dabei kleine Unternehmen, die von Software oder Diensten rund um OpenStreetMap leben.

Die großen Unternehmen mit ihren verfügbaren Ressourcen werden andere Maßstäbe setzen, was Wettbewerbsfähigkeit angeht, zumindest in den Bereichen, wo es sich um „Standardtechnologie“ handelt, die von dem Großteil der Nutzer oder Entwickler eingesetzt wird.

(3) OpenSource-Entwickler werden mit attraktiven Gehaltsangeboten geködert

Größere Unternehmen müssen Kompetenz in OpenStreetMap-Technologien aufbauen. Mit attraktiven Gehaltsangeboten könnten sie Entwickler aus OpenSource-Projekten rund um OpenStreetMap abwerben. Da die Anzahl der in diesem Feld tätigen Entwickler beschränkt ist, werden sich solche Aktivitäten schnell bemerkbar machen.

(4) Daten-Distributoren und Daten-Konsumenten werden Ansprüche geltend machen

Wenn es dazu kommen sollte, dass die großen Player die Rolle der Daten-Distributoren (und in gewisser Weise auch die der Daten-Konsumenten) dominieren, können sie versuchen, auf unterschiedlichen Wegen Einfluss auf das OpenStreetMap-Projekt zu gewinnen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie beispielsweise Microsoft den HTML-Standard mit proprietären Erweiterungen unterwandert hat.

(5) Kommerzielle Kartenanbieter werden zunehmend nervös

Da die OpenStreetMap-Daten in der Vergangenheit ausschließlich von ein paar Freaks genutzt wurden – zumindest in der Wahrnehmung der kommerziellen Kartenanbieter – ist OpenStreetMap in der Industrie der digitalen (Straßen-)Karten bisher unter dem Radar geblieben.

Bisher hat OpenStreetMap den kommerziellen Kartenanbietern trotz der steigenden Popularität noch keinen großen Kunden abziehen können. Auch jetzt betrachten die großen Player die OpenStreetMap-Daten noch nicht als vollständige Alternative zu den kommerziellen digitalen Straßenkarten, aber sie fangen an, Kompetenz rund um die Daten und Werkzeuge aufzubauen. Das reicht, um die Kartenhersteller in einem Markt zunehmend sinkender Lizenzpreise nervös zu machen.

Wir befinden uns in einer interessanten Zeit. Es bleibt unklar, wann sich die Auswirkungen der Neueintritte bemerkbar machen. Es ist allerdings klar, dass die Dynamik in dem Markt eher steigen als sinken wird.

Oliver ist OSMF-Board-Mitglied und Mitbegründer von Skobbler, die eine Navigationssoftware auf OSM-Basis herstellen. Er bloggt normalerweise auf http://www.abalakov.com/ und hat von dort einen Artikel übersetzt, den er hier als Gastautor veröffentlicht.


Kategorie: Gastblog