Erlebnisse eines OSM-Mappers in der Woche nach dem Tsunami in Japan

Änderungen in Sendai in der letzten Woche [1]

Was für eine verrückte Woche liegt hinter uns! Selten habe ich die Nachrichtenticker so oft abgefragt wie in den letzten Tagen. Neben den Entwicklungen in Libyen schockierte mich die Situation und die nur langsam durchsickernden Informationen aus Japan wohl am meisten. Das Erdbeben und der anschließende Tsunami betreffen zunächst nur diejenigen in der Region, aber die Folgen der Naturkatastrophe im Atomkraftwerk Fukushima betreffen uns alle.

Die Medien bringen die Bilder einer aus dem Nichts erscheinenden schwarzen Flutwelle, die alles, was sich ihr in den Weg stellt, mitreißt und nur ein Trümmerfeld hinterlässt. Mir wird bewusst, wie schnell selbst Menschen, die eben noch einer reichen, hochtechnisierten Industriegesellschaft angehörten, sich im nächsten Moment glücklich schätzen können überhaupt noch am Leben zu sein. Plötzlich sind es wieder ganz einfache Dinge, die für die Menschen wichtig werden: Ein Holzfeuer gegen die Kälte, ein Dach gegen den einsetzenden Schneefall, sauberes Wasser, eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt.

Nicht nur die Parallelen der Industriegesellschaft und mein IT-Projekt im letzten Jahr bei einer japanischen Firma verbinden mich mit den Menschen in Japan. Ich möchte helfen und verfolge, welche Hilfsaktionen anlaufen, nur Spenden reicht mir nicht aus.

Im OpenStreetMap-Wiki finde ich Informationen zum Humanitarian OSM Team „HOT“. Die Idee, Einsatzteams vor Ort durch aktuelle OSM-Karten zu unterstützen, finde ich genial. Karten braucht jeder, der in der Fremde ist! Und OSM ist für Katastrophengebiete ein hilfreiches Tool, weil es ganz schnell durch jeden (mit Internet) aktualisierbar ist.

Auf der Wiki-Seite zum aktuellen Tsunami sind bereits Gebiete identifiziert, in denen Mapping-Unterstützung gefragt ist. Die Ortsnamen sagen mir alle nichts, aber darauf kommt es jetzt nicht an. Ich öffne meinen Potlatch Editor (ja in den ganzen Jahren bin ich nie so recht darüber hinausgekommen, aber es funktioniert für mich ganz gut :-)) und lege los.

Im Vergleich zu Deutschland scheinen mir einige Gegenden noch recht ungemappt. Für einen passionierten Mapper ist das eine gute Nachricht: Hier gibt es noch was zu tun! 🙂 In meiner Heimatregion sind eigentlich „nur“ noch Häuser und Hausnummern zu erfassen. Nicht so spannend und der Nutzen begrenzt. Aber einem Hilfsteam in der Fremde nutzt eine Karte wenig, auf der nur spärlich Informationen eingetragen sind! Besser sie könnten sich aus vielen Elementen die für sie Relevanten aussuchen.

Zusätzlich zu den bekannten OSM-Tags nennt die Wiki-Seite spezielle Tags für zerstörte, überflutete, unbenutzbare Gebiete, Straßen oder Einrichtungen oder auch zusätzliche Hilfseinrichtungen. Aber wie soll ich die eintragen? Die Bing-Luftbilder zeigen die Situation vor dem Tsunami.

Über den IRC-Chat (habe IRC für OSM das erste Mal benutzt) erfahre ich von einem Japaner, dass sie zunächst mal die vorhandene, alte Infrastruktur mappen, um eine gute Grundlage zu haben. Aber es sei jetzt 4 Uhr morgens in Japan und er müsse jetzt abschalten. Mir reicht die Info und ich beginne meine ersten japanischen Straßen und Ortschaften zu mappen. Gerade an der Küste gibt es viele verträumt kleine Häuseransammlungen. Ich stelle mir romantische Bauern- und Fischerdörfchen vor und es gelingt mir wie so oft beim Mappen einfach ein bisschen abzuschalten und Beruf und Alltag etwas zu vergessen… Viele Bilder gerade im Norden sind aber nicht sehr hochauflösend und so gibt es in vielen Buchten nicht mehr als die Hauptstraße und eine Siedlung zu erkennen. Aber auch das könnte ja für ein Hilfsteam schon eine brauchbare Information sein.

Am Montag geht der Alltag mit Beruf und Familie wieder los. Beim nächsten Besuch der Tsunami-Wiki-Seite hat sich schon einiges verändert. Im IRC bekomme ich die Info, dass ich nicht auf die DigitalGlobe Bilder, die nach dem Tsunami gemacht wurden, zu warten brauche. Aktualisierte Bilder von Bing wurden schon für Potlatch hinterlegt. Endlich kann ich also die neuen Tags anwenden!

Aber was war das für ein Schock: Wo ich beim letzten Mal noch Ortschaften und Straßen gemappt habe, war jetzt nichts mehr erkennbar. Hätte ich es nicht selbst gemappt, ich hätte es z.T. nicht geglaubt, dass dort mal etwas gestanden haben soll! Andere Bereiche sind undefinierbar unkenntlich. Nur Trümmer verschwimmen zu einem bräunlichen Pixelbrei. Strukturen sind kaum erkennbar. Wo waren Straßen, wo Häuser? Nur noch Chaos.

Bisher hatte ich ja die Hoffnung, dass die Fernsehbilder nur gut gemacht waren und einzelne „schlimme“ Ausschnitte zeigen. Aber es sind nicht nur einzelne Punkte oder Blickwinkel. Das Chaos erstreckt sich Kilometer weit… schockierend. Ich schalte den PC ab. Das ist keine Entspannung, das ist nur bedrückend, wenn man an das Schicksal der tausenden Einwohner denkt, die dort gelebt haben müssen!

Aber Verdrängen ist ja keine Lösung und hilft niemandem. Ich merke, wie ich mich innerlich mit dem Thema auseinandersetze und schließlich gewinnt die reine Konzentration auf die Aufgabe: Details auf den Fotos erkennen und in Tags umsetzen. So entsteht OSM aus Luftbildern. Die Bing Fotos sind hochauflösend, wenn auch z.T. mit Wolken. Trotz der hohen Auflösung ist es oft schwer eine Straße von einem Kanal und ein Feld von einer überfluteten Fläche zu unterscheiden. Aber ein erster Eindruck ist besser als nichts und kann dann hinterher auch schnell korrigiert werden. So werden aus vielen Siedlungen vor dem Tsunami (landuse=residential) jetzt zerstörte Gebiete (landuse=brownfield; tsunami:damage=yes; Source=Bing 03-xx-11). Und auch wo eine Brücke über einen Kanal ist, und ob sie auf dem Foto noch zu sehen ist, ist sicherlich schon eine hilfreiche Information für die Hilfeteams.

Am Ende der Woche freut es mich zu sehen, wie viel z.B. in der Region Sendai in der letzten Woche gemappt wurde (siehe Screenshot anbei) und ich bin froh, trotz meines beschränkten Zeitbudgets für OSM einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.

Keep on Mapping!

Euer Waldrenner

OSM-Wochennotiz Nr. 35

13.3. – 19.3.2011

Mit OSM2XP Gebäude aus OpenstreetMap für X-Plane erstellen [1]

Talk, Forum, Wiki & Blog

openstreetmap.de

OpenStreetMap-Foundation & SOTM

  • Das IRC Meeting Log der Local Chapter Working Group der OSM Foundation steht zur Verfügung.
  • Der Aufruf zur Einreichung von Vorträgen zur „State Of The Map Konferenz“ wurde bis zum 15. Juni verlängert.

Karten

  • Die Webseite skidea.com bietet OSM Skikarten zum einfachen Download an.

Tagging

Programme

  • OpenStreetMap wurde als Organisation für den Google Summer of Code 2011 akzeptiert. Ideen für mögliche Projekte werden im Wiki gesammelt.
  • Matt Williams hat eine Postcodefinder für Großbritannien erstellt.
  • [1] Seit einigen Tagen gibt es die Version 1.1 von OSM2XP – damit kann man Gebäude aus OpenStreetMap für X-Plane aufbereiten.
  • OSM2Facebook ist ein webbasiertes Programm, welches die eigenen Changesets in OpenStreetMap auf die Facebook-Pinnwand schreibt.
  • Das Routingprogramm MoNav wurde erweitert.

Weltweit

sonstiges

Wochenvorschau

  • Auf den Chemnitzer Linuxtagen gibt es u.a. am Sonntag um 11:00 Uhr einen Vortrag über OpenStreetMap.

Fotos für das Presseteam

Wie auf dem OSM Koordinierungstreffen besprochen, möchte das Presseteam dieses Jahr etwas aktiver werden und die Aktivitäten in der Community und rund um das Projekt besser für die Öffentlichkeit sichtbar machen.

Bereits seit längerem haben wir deshalb eine Pressemappe für die Journalisten, die einen groben Überblick über das Projekt gibt und Zahlen und Fakten ohne lange Recherche präsentiert. Leider fehlen dort noch gute Fotos, die man zur Gestaltung von Artikeln nutzen könnte.

Wir bitten euch daher, uns zu helfen und Fotos mit OSM Bezug uns zu Verfügung zu stellen, die wir auf die Wikiseite einbinden können und die von den Medien zur Ausgestaltung genutzt werden können. Das könnten Fotos von Mappern unterwegs oder am Rechner sein. Eine Mapping Party, Erfassen eines bekannten Ortes oder auch jemand, dem ein GPS erklärt wird, wären auch sehr anschaulich, wenn man auch darauf achten sollte, dass nicht zu sehr die Personen betont werden.  Ihr könnt also auch einfach nur euer Navi mit OSM Karten gut in Szene setzen.

Vielleicht denkt ihr ja bei eurer nächsten Tour daran und macht ein paar schöne Fotos. Natürlich dürfen das auch lustige sein 🙂

Schickt diese per Mail bitte an Matthias (user:!i!) :
mm337 ÄD uni-rostock.de, Betreff „Pressefotos“
oder ladet sie mit einem Filehoster (etwa ImageShack) hoch und postet den Link hier.
Damit es bei der Verwertung keine Probleme gibt, bräuchten wir jedoch euren vollständigen Namen, und ihr müsstet zustimmen, dass diese nur CC-BY lizensiert sind. Wir laden diese dann mit den Angaben gerne in das Wiki.

Erdbeben und Tsunami in Japan [4. Update]

Karte, die den Status der Straßen anzeigt, von Pascal Neis [1]

Nach dem Erbeben und dem Tsunami in Japan fragen sich viele Mapper, wie könnte OpenStreetMap helfen und was kann man selber machen. Wir wollen uns bemühen, möglichst viele Informationen aus allen Kommunikationskanälen in diesem Artikel zu sammeln und so einige Fragen zu beantworten. Sobald neue Informationen vorliegen, werden wir den Artikel aktualisieren und am Ende des Textes eine Zusammenfassung posten.

Wo findet man Infos?

Wichtigste Informationsquelle ist die Wikiseite 2011 Sendai earthquake and tsunami, daneben die HOT Mailingliste und im IRC #osm und #hot.

Was und wie soll gemappt werden?

Anhaltspunkte sind allgemein das Wiki mit den Map-Features und die einzelnen Tag-Seiten, im speziellen diese 2 Seiten:

Solang eine halbwegs konsistente Verwendung der Tags stattfindet, kann man diese auch später per Bot noch ändern oder beim Umwandeln für Spezialkarten konvertieren, damit sie mit anderen Anwendungen zusammenarbeiten.

Was soll man mappen?

  • Straßen, sowohl intakte (für die Zufahrt der Helfer) als auch zerstörte oder blockiert: Benutzt werden die Tags impassable=yes, barrier:obstacle_type=debris, mit der Kombination mit barrier=*, weil dieses weit verbreitet ist und von vielen ausgewertet werden (z.B. Routing, Garminfiles)
  • medizinische Einrichtungen (Krankenhäuser u.ä.): viele davon sind wohl schon importiert. Mit den Bingbildern können zusätzliche Details z.B. die Zufahrt oder ein Gebäude ergänzt werden. Möglichst mit den Nachbebenbildern prüfen.
  • Schulen, werden oft als Notunterkünfte genutzt, amenity=shelter, sind ebenfalls wohl schon importiert als POIs, man kann die Gebäude etc. dazu mappen
  • Notunterkünfte, Camps: refugee=yes
  • Wasser-Ausgabestellen, Sanitäranlagen
  • öffentliche Telefone: amenity=telephone
  • Evakuierungszonen, Zonen in denen man sich bei einer Evakuierung aufhalten soll
  • Einkaufsmärkte: Punkte, an denen Essen verteilt wird: amenity=supermarket
  • überschwemmte Bereiche (mit Bildern, die nach dem Erdbeben gemacht wurden)
  • zerstörte, beschädigte Gebäude: dieses ist eine wichtige Information, aber schwer ohne hochauflösende Bilder zu erkennen. Ggf. mit Hinweis zum Prüfen.

Wo soll man mappen?

Es gibt einige Gebiete, die besonders wichtig sind:

Ebenfalls mögliche Orte, die betroffen sind:

Die Karte von ikiyamaps zeigt die Gebiete (orange), die vom Tsunami betroffen sind und in violett Gebiete, in der sich zur Zeit viele Menschen aufhalten.

Was ist zum Mappen verfügbar?

Die 2 wichtigsten Quellen sind die Luftbilder von DigitalGlobe und Bing.

  • Bing: wurden größtenteils vor dem Erdbeben aufgenommen, können also nur für bestimmtes Mapping genutzt werden. Abdeckung und Auflösung sind regional verschieden, in den Editoren können die Bilder sofort benutzt werden.
    Für einige Bereiche wurde allerdings schon aktualisiertes Material eingespielt (etwa hier), noch ein Beispiel – Nordwest neu, Südost alt. Mit dem Binganalyser kann die Auflösung der Luftbilder angezeigt werden.
  • DigitalGlobe: Diese Bilder wurden nach dem Erdbeben gemacht, sind also prinzipiell sehr viel nützlicher und interessanter. Die Abdeckung ist verschieden, die Auflösung ist gut, die Kontraste und die Farben sind aber teils nicht sehr gut. Leider muss der Zugang zu diesen Bildern zur Zeit auf 20 Personen beschränkt werden. Auf der Wikiseite wird der Zugriff über eine Tabelle geregelt. Den notwendigen WMS-Link für die Luftbilder erhält man auf Nachfrage bei den Koordinatoren. Danach trägt man sich in der Liste ein.
  • SpotImage: Die Bilder sind ebenfalls nach dem Erdbeben am 12.3.2011 erstellt worden. Die Auflösung beträgt 2,5m und der WMS-Server kann frei genutzt werden. Die URL ist http://cernunosat05.cern.ch/ArcGIS/services/Japan/SendaiMosaic/ImageServer/WMSServer?FORMAT=image/jpeg&VERSION=1.1.1&SERVICE=WMS&REQUEST=GetMap&Layers=0&

Es gibt Bemühungen, Zugang zu noch mehr Bildern zu bekommen, die nach dem Erdbeben gemacht wurden (das ist nicht ganz einfach, wie ihr euch sicher vorstellen könnt).

Bei anderen Crisismapping-Bemühungen gab es oft auch noch alte Kartendaten oder auch Kartendaten, die wir zum Import erhalten haben. Dies scheint abgesehen von den oben erwähnten Importen aber nicht der Fall zu sein, d.h. man ist auf die Luftbilder angewiesen. Wie immer gelten die OSM üblichen Regeln, also bitte auch in diesem Fall keine Daten von Google oder anderen Kartenanbietern übernehmen.

Daneben hat User Gary68 eine Aktion 15 zum Checken des Straßennetzes gestartet.

Wo tauscht man sich aus, bekommt Hilfe, kommuniziert?

Und das Ergebnis…

Jeder kann die Daten aus der OSM-Datenbank benutzen und Karten, Listen usw. erstellen. Daneben werden von verschiedenen Usern Datenextrakte oder Karten bzw. Garminfiles erstellt.

1. Update (16.03.11, 19:10):

Weiterlesen

OSM-Wochennotiz Nr. 34

6.3. – 12.3.2011

Nach dem Erdbeben in Japan bittet das HOT um Unterstützung [1]

Talk, Forum, Wiki & Blog

OpenStreetMap-Foundation

  • Im Blog der OpenStreetMap-Foundation gibt es eine Zusammenfassung der Arbeit der verschiedenen Working Groups für den Februar 2011.

Konferenzen & Messen

  • Seit dieser Woche ist die Registrierung für die SOTM.EU möglich.
  • Während der AGIT 2011 in Salzburg wird es dieses Jahr erstmals ein eigenständiges eintägiges OpenStreetMap Spezialforum geben.
  • Auf der CeBit zeigte das Fraunhofer IOSB eine interaktive Wand und Planungstisch, auf denen u.a. OpenStreetMap zu sehen war: ab Minute 09:50 bei Neues im ZDF
  • Das Projekt Naviki war auf der Cebit.
  • Für eine Tagung in Essen zum Thema Soft-/Hardware im (BOS-)Einsatz wird ein Referent gesucht.

Tagging

Programme

Weltweit

  • [1] Nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan werden verschiedene OSM-Karten und Daten zum Download bereitgestellt. An Hand von neuen Satellitenbildern sowie Informationen von vor Ort werden die Karten auf den aktuellen Stand gebracht.
  • Der Geostationäre Navigations-Ergänzungsdienst für Europa, kurz EGNOS, wurde für die Luftfahrt eingeweiht. Viele GPS-Empfänger können EGNOS auswerten und verbessern die Genauigkeit.
  • Das Bürgerbeteiligungsportal FixMyStreet wurde auf Norwegen erweitert und nutzt OpenStreetMap.

sonstiges

  • Ein Artikel bei golem.de über die Luftbilder in Bayern und OpenStreetMap.
  • Radio Bremen möchte OSM für ein Gewinnspiel nutzen.

OSM-Wochennotiz Nr. 33

27.2. – 5.3.2011

OSM2World [1]

Talk, Forum, Wiki & Blog

Konferenzen

Karten

Tagging

Programme

Weltweit

sonstiges

In eigener Sache

  • Dank an allen, die uns im Februar geflattrt haben. Zusammen ergab es 24,51€.