1.000 Adressen

(c) by Alexander Hüsing CC-BY

Jeder kennt sie, die Sprüche darüber, was OpenStreetMap vor allem fehle: Adressen. Normalerweise sage ich jedem, der findet, dass OSM für irgendeinen Zweck unbenutzbar sei: „Dann benutze es halt nicht.“ – Schliesslich gibt es weiss Gott genügend Zwecke, für die OpenStreetMap ausgezeichnet nutzbar ist, und wenn unsere Mapper finden, dass Adressen eine gute Sache sind, dann kommen die schon auch dazu.

Trotzdem fiel mir auf, dass auch erfahrene Mapper immer mal wieder resigniert sagten: „Wir kriegen nie einen kompletten Adressdatensatz, zumindest nicht ohne einen großen Datenimport.“ – ganz untypisch für ein Projekt wie unseres, in dem man eigentlich eher die Ärmel hochkrempelt und loslegt. Also stellte ich eine kleine Rechnung auf. In Deutschland gibt es vielleicht so 40 Millionen Adressen. Und ungefähr 40.000 Leute haben in Deutschland schon gemappt. Wenn nun jeder davon 1.000 Adressen erfassen würde…

Normalerweise mappe ich Adressen nur selten, aber jetzt beschloss ich, doch etwas systematischer vorzugehen. Kann ja nicht so schwer sein! Wie in alten Zeiten, als wir noch fehlende Straßen mit dem GPS hinzugefügt haben, druckte ich mir jedesmal einen kleinen Kartenausschnitt aus, wenn mich mein Weg in eine Gegend ohne Hausnummern führte, und zeichnete Hausnummern auf. Oder ich machte einen kleinen Umweg… und wie in alten Zeiten waren meine Standard-Gegenden natürlich bald fertig, und ich freute mich, wenn mich eine Besorgung mal woandershin führte, wo es noch keine Hausnummern gab. (Ich habe auch ein bisschen gemogelt und einige Ausdrucke an Freunde und Familie gegeben, mit der Bitte, beim nächsten Spaziergang ein paar Nummern einzutragen.)

Entgegen meiner Erwartung war es gar nicht langweilig. Manche Straßen sind zwar fein säuberlich im Zweier-Abstand numeriert, aber ziemlich oft gibt es dann doch ein Kleinod oder eine Besonderheit zu entdecken – die 7a im Hinterhof, die 126 mit dem Eingang von der Rückseite, oder die 38, die eigentlich schon an der anderen Straße liegt.

Es dauerte etwa drei Wochen, bis ich mit dieser Art von „Nebenbei-Mapping“ meine 1.000 Adressen zusammenhatte – natürlich nur, weil ich auf der Arbeit von anderen OSMern aufbauen konnte,  die vor mir schon Straßen und meistens auch die Hausumrisse eingetragen hatten.

Ich glaube zwar immer noch nicht, dass Adressen wirklich so wichtig sind, wie einige sagen. Aber ich denke, ich werde weiterhin nebenbei Hausnummern aufzeichnen und ab und zu auch mal Freunde mit einem Ausdruck behelligen, und sei es nur, um zu beweisen, dass die Befürchtung „das kriegen wir mit Crowdsourcing nie hin“ falsch ist.

Es ist wie in alten Zeiten, als die Leute sagten: „Das mit OSM, das kann doch gar nicht gehen.“

Hast Du schon Deine 1.000 Hausnummern?

 

(Dieser Artikel ist auf Englisch am 12.12.2012 in Frederiks Blog auf osm.gryph.de erschienen.)

Frederik

Frederik Ramm ist altgedienter Mapper, Mitautor des deutschen OpenStreetMap-Buchs und einer der Geschäftsführer der Geofabrik in Karlsruhe. In der 'Data Working Group' der OSM Foundation geht er Vandalismus und Urheberrechtsverletzungen nach.

Kategorie: Gastblog

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